DD232: Tschakka, Tschakka! Grundlose Begeisterung ist Pflicht! (Januar 2015)

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DD232: Tschakka, Tschakka! Grundlose Begeisterung ist Pflicht! (Januar 2015)

Die Ungeduld des Managements mit den lahmen unbegeisterten Ingenieuren, die immer nur „in Ruhe arbeiten“ wollen, hat eine ganze Begeisterungsindustrie hervorgebracht, die viel Geld damit verdient, dem Management dabei zu helfen, Mitarbeiter bei Kick-Offs zu begeistern.

Das Management ist fast kindlich glänzend begeistert von den „Jeder-kann-Unmögliches-möglich-machen“-Veranstaltungen. Da kommen Leute, die vom Mount Everest fielen, bis unten runterrollten, dabei die Schuhe verloren  und dann trotzdem den Gipfel doch noch am gleichen Tag barfuß erreichten, weil das der Zeitplan so wollte. Dirigenten erklären Teamplay (das können sie, weil die Musiker nicht opportunistisch gegeneinander spielen können – wie überall sonst). Der zurückgekehrte Robinson Crusoe wäre heute ein gefeierter Keynote Speaker.

Sie trommeln und schreien auf den Veranstaltungen, Abgestürzte stehen auf, Nackte springen durch Feuerreifen und Gladiatoren ringen Elefanten nieder. Die Botschaft ist immer dieselbe: Das kann jeder, besonders auch du!

„Alles ist Motivation, Einstellung und Team! Die Haltung bei der Arbeit ist das Entscheidende, auch und gerade bei Stress, Enttäuschungen und Rückschlägen. Jeder muss nur einmal öfter aufstehen als hinfallen. Scheitern ist normal – das steckt der wirklich Motivierte weg. Es gilt, für die Firma da zu sein, erst dann für die Abteilung, zum Schluss für sich selbst! Die Firma ist alles. Für sie ist keine Extrameile zu wenig und kein ehrgeiziges Ziel zu hoch gesteckt!“

Und dann gibt es für die Manager in den Kickoffs und Sitzungen verschiedene Übungen zum „Teamen“ und scheinbare Mutproben, etwas selbst zu schaffen, was sie selbst nie für möglich gehalten hätten: Sie hangeln sich über eine Schlucht, laufen auf Seilen zwischen Baumkronen oder rennen über glühende Kohlen. Dabei ist es wichtig, vor den Mutproben viele Male „Ich schaffe das!“ laut wie Tarzan mit geballter Faust in den Himmel zu schreien. Das Team stimmt dann ein: „Du schaffst das! Wir schaffen das! Wir alle schaffen das!“ Man heizt sich also wie vor einem Sportwettkampf auf, Selbstmotivationsschreie werden eingeübt. Das Wort „Tschakka“ kennt sogar schon der Duden für „Ich schaffe das“.

„Tschakka, Tschakka! Alles ist Haltung!“

Mit solchen „Motivationsorgien“ versuchen nun die Manager im Verein mit den Personalern, die Mitarbeiter doch noch rauschhaft zu begeistern, damit sie sich noch mehr reinhängen und Extrameilen gehen. Beim Vertrieb wirkt das im Allgemeinen sehr gut, weil Vertriebsmenschen außer der eisernen Zuverlässigkeit in etwa den Charakter des energischen Managers haben und natürlich auch auf laute Begeisterungsmeetings mit anschließendem freiem Zugang zu allen Bars schwören. Sie werden dafür aber nicht talentierter, sie lernen nicht, dem Kunden zuzuhören, sie verstehen jetzt nicht plötzlich die Konkurrenzprodukte wie der moderne Kunde, der vor dem Kauf umfassend surft.

Die Fachexperten oder „die Ingenieure“ leiden beim für sie albernen Tschakka-Tschakka still vor sich hin. Experten haben höhere Werte im Asperger-Autismuspektrum, sie hassen diesen Rummel. Immer werden die gleichen Reden geschwungen, finden sie. Beim Programmieren, beim Bauen von Maschinen und bei Berechnen von Flugplänen hilft keine Begeisterung – man muss Meister sein und Sehnsucht haben, immer besser zu werden.

Das – wie gesagt – versteht das Management nicht. Das Management bestellt jedes Jahr einen neuen Tschakka-Tschakka-Zauberer, der gerade in Mode ist und probiert ihn im Managementteam vorab exklusiv aus. Die Chefs wollen sicher sein, dass der neue Zauberer wirklich elektrisierend motiviert, also muss der vorab eine Sondershow exklusiv für das Top_Management abziehen. Sie finden ihn jedes Mal grandios. „Das ist toll! Hey, großer Guru, wir bestellen Sie jetzt gleich für zehn Standort-Kick-Offs, damit alle unsere Mitarbeiter so trunken vor Begeisterung werden wie wir im Augenblick sind.“

Begeisterung ist aber nicht die eine Monocausa des Erfolges schlechthin – mit Begeisterung allein entstehen keine Produkte. Hilfe! Warum erzeugt man in den Ingenieuren nicht Sehnsucht? Warum lädt man keine Nobelpreisträger ein, die diese Sehnsucht in Vorträgen wecken könnten?

Der Top-Manager redet leider frustrierend oft so: „Wir haben Sie als Experten und Ingenieure heute alle zu dieser Veranstaltung eingeladen, um Ihnen die ehrgeizigen Ziele des nächsten Jahres zu verkünden und um Ihnen gleichzeitig zu sagen, dass die bisherigen Zahlen des Januars vollkommen inakzeptabel sind. So kommen wir nicht weiter. Wir haben daher für den heutigen Tag eine Menge Geld investiert, um Sie jetzt gleich anschließend zu motivieren. Wir haben Sie dazu alle für zwei volle Tage aus der Arbeit herausgenommen, was ja rechnerisch fast ein Prozent der Jahresarbeitszeit und der Jahresleistung entspricht. Diesen verlorenen Prozentpunkt wollen wir natürlich mindestens doppelt und dreifach wieder hereinholen, weil wir nach der Motivierung erheblich gesteigerte Arbeitsleistungen von Ihnen erwarten können und müssen, sonst hätten wir ja falsch investiert, was wir nie tun. Heute zeigt Ihnen ein Wüstentourist, wie er drei Monate im Sand verirrt überlebte, danach spricht eine Mutter von zwanzig Kindern darüber, wie glücklich sie die Vielfalt des Lebens managt und schließlich bringen wir Ihnen in einem Theaterstück des Teams 2020 den neuen Begriff der Kollegenteamemotion bei. Er bezeichnet das betriebliche Pendant zur Nächstenliebe, nicht das, was Sie denken. An diesen drei leuchtenden Beispielen werden Sie erkennen, wie sehr jeder von Ihnen dazu berufen ist, Dinge bewegen zu können, die er vorher für sich selbst nicht für möglich gehalten hätte. Die Menschen, die Sie gleich auf der Bühne sehen, sind beileibe keine Ausnahmemenschen, es sind Menschen wie Sie, die erkannt haben, dass sie alles möglich machen können. Das können auch Sie! Jeder von Ihnen kann alles. Tschakka-Tschakka!

Ich bin vollkommen davon überzeugt, dass Hochleistung und Teamgeist absolut Key für unseren Erfolg sind. Wo diese Grundlagen vorhanden sind, kann man Ziele so unmöglich hoch festsetzen, wie man will, sie sind immer erreichbar. Der feste Glaube daran, alles zu können, wirkt so stark, dass auch alles gelingt. Daher fordere ich Sie zu diesem unbedingten Glauben an jedes beliebige Gelingen auf. Wer nicht mitziehen will, hat hier keinen Platz. Ich werde daher nach den drei Motivationsreden durch renommierte Tschakkaisten, die wir hier zu Ihrer Motivierung gewinnen konnten, noch einmal das Wort ergreifen und dann alle diejenigen bitten, die nicht an unsere Vision des zweistelligen Wachstums glauben, den Saal zu verlassen. Die verbleibenden Mitarbeiter möchte ich auf ein Getränk einladen, für das Sie einen Hotelbar-Gutschein in Ihrer Programmmappe finden. Sie sehen, wir haben keine Mühen gescheut, Ihnen das High-Performen so angenehm wie möglich zu machen. Unser Managementteam hat über den Jahreswechsel hart gearbeitet und lange an unseren Jahreszielen gefeilt. Wir haben unsere Strategie erarbeitet! Sie heißt Fünfzehn! Fünfzehn Prozent! Ich habe ja – das darf ich persönlich anmerken – zwölf Prozent für besser gehalten, weil ich Ihnen nicht so viel zutraue wie Ihre direkten Chefs. Aber die kennen Sie ja besser, das habe ich eingesehen. Ich sehe Sie ja nur einmal im Jahr. Höchstens. Sei es, wie es sei, es gilt die Fünfzehn. Jetzt liegt es an Ihnen, liebe Mitarbeiter! Jetzt sind Sie dran, Ihren Beitrag für ein erfolgreiches Geschäftsjahr zu leisten. It’s up to you! Das ist das Motto für den heutigen Tag. Wir haben das ganze Managementteam gebeten, schwarze T-Shirts mit diesem Motto zu tragen. It’s up to you! Wenn Sie solch ein T-Shirt sehen und das Motto darauf lesen, denken Sie daran: Damit sind Sie ganz persönlich angesprochen! Das zeigt Ihnen heute auf dem Kickoff jeder Manager mit stolzer Brust. Tschakka-Tschakka! Wir schaffen das! Wir schaffen das! Bitte stehen Sie kurz alle auf. Klatschen Sie begeistert in die Hände! Wir schaffen das! Rufen Sie mir laut zu: Sie schaffen das! … Na, etwas lauter müsste es doch gehen, holen sie tief Luft und machen Sie keinen Hehl aus Ihrer Überzeugung. Also! Ich höre! Ganz laut! Jetzt!“ – „SIE SCHAFFEN DAS, CHEF, TSCHAKKA-TSCHAKKA!“ – „Gut, das wird hoffentlich nach den drei folgenden Darbietungen von Ihnen noch lauter gebrüllt werden, da bin ich sicher, so wundervoll wird die gleich einsetzende Motivierung für Sie werden. Wir vom Management haben uns den ganzen Zirkus schon einmal zur Probe angeschaut und konnten das hyperaktive Leistungskribbeln dabei kaum ertragen. Sie werden jetzt Menschen erzählen sehen, die das Unmögliche möglich gemacht haben. Es sind Menschen wie Sie und ich. Ich bin daher felsenfest überzeugt: Nach den folgenden drei Mal 45 Minuten sind wir unserem Jahresziel schon zum Greifen nah.“

Solche Reden kann man allein mit SABTA (Sicheres Auftreten bei Totaler Ahnungslosigkeit) halten. SABTA, das ist etwas, was Ingenieure an ihren Chefs am tiefsten hassen. Aber sie sind – wie auch die Leute im Vertrieb – stolz darauf, so zu reden. Vertriebsleute sagen öfter: „Ich weiß von der Sache jetzt genug, um die ersten zehn Minuten beim Kunden zu überstehen. Mehr Wissen über unsere Produkte brauche ich nicht. Nach zehn Minuten weiß ich, welchen Ingenieur ich herholen muss. Ich kenne auch schon genug Ingenieure, die nicht gleich mit zu technischem Gefasel kommen und mir den Kunden versauen.“

Die Technologen und Experten aber stehen nachdenklich und stumm-verzweifelt dabei und üben sich im Fremdschämen.

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41 Antworten

    1. Sag ich doch, es gehört zum Komplex Schwarmdummheit…Sie können nicht als Einzelner mit isolierter Intelligenz kommen. Eine solche bewirkt nichts, Intelligenz muss eine kritische Masse haben.

  1. Wenn es nicht so schmerzlich wahr wäre! Einer nur leicht abgeschwächten Version erinnere ich mich noch immer, als wäre es gestern. Kletterhochgarten in Tirol.

  2. Ich habe auch einige dieser Veranstaltungen mit „angeschlossenem“ Motivator besucht. Und ich kann mich noch gut an die Fotos des wunden Hintern auf der PowerPoint-Show des Extrembikers erinnern. Motto: „Ich habe trotzdem beim Ziel erreicht.“ Obwohl Vertriebsmann war ich doch eher angewidert. Ich glaube aber, dass, je mehr Konformität in den Schulen und Studiengängen gelehrt wird, desto mehr fallen diese Tschakka-Veranstaltungen auf fruchtbaren Boden. Kritische Worte sind weder da noch dort erwünscht. Tschakka wird Mainstream.

  3. Hat vielleicht was mit der Amerikanisierung der deutschen Kultur zu tun. Man möchte mehr vom „Yes we can“ Feeling in der Firma verbreiten. Auch wenn es nicht die eigenen Prinzipien sind, nach dem Motto: Vielleicht färbt es ja doch ab.

  4. Man fragt sich, warum gibt es diese Veranstaltungen immer noch. Jeder kennt sie und wie sie bei den Vertrieblern, Ingenieuren und Experten ankommen, nämlich überhaupt nicht.

    Ich glaube weil sie funktionieren. Es werden zwar nur 12% an statt der erwarteten 15% erreicht, aber die 3% (eigentlich eine Fehleinschätzung von 20%, aber soweit muss man im Management häufig nicht rechnen) kann man mit Marktlage, Wirtschaftskrise, ausländischer Wettbewerber, etc. erklären. Nur sind diese 12% nicht wegen, sondern trotz der Motivationsveranstaltung erreicht worden. Einfach weil die Ingenieure, Experten und Vertriebler ihren Job gut machen, die marktlage so günstig war, die Wirtschaftskrise doch weniger Einfluss und man besser als der ausländische Wettbewerb war.

    Am Ende des Jahres schaut das Management auf das Ergebnis und sieht: Wir haben eine Motivationsveranstaltung gemacht und damit unsere Ziele erreicht. Lasst uns für das nächste Jahr planen und schon mal Motivatoren ausprobieren, ich glaube Paleo-Diäten oder Freeletics sind gerade ganz trendy, so im Sinne, Mut zum Wandel.

  5. Sehnsucht, Leidenschaft, echte (eigene) Motivation, Wille kann der „geneigte“ Manager nicht messen. Das passt alles nicht in Excel Tabellen.
    Aufwände für Tschakkaisten sind Zahlen, und die passen da rein. Das macht’s einfach leichter.

  6. Ich erinnere mich an solche Veranstaltungen, als noch alle Mitarbeiter eingeladen wurden. Aber das ist schon eine Weile her. Ich fand das toll, das Nena live 5 Lieder gesungen hat… Ich als Techie kann daraus aber nicht die Motivation für die Jahresarbeit ableiten. Wir funktionieren, wenn uns einfach nicht zu viele Hürden in den Weg gestellt werden, besser noch wenn das Management seine Leadership dafür nützt Hürden zu entfernen. Andere Berufsgruppen ticken da vielleicht anders ?

  7. Hallo Herr Dueck, mit Schwarmdummheit hat das nichts zu tun, sondern mit Überforderung. Durch den sich ständig erhöhenden Erfolgsdruck wird diese nur immer sichtbarer.
    Jeder Mitarbeiter versucht im Rahmen seiner Möglichkeiten das beste zu tun, aber alle Mitarbeiter des gesamten Unternehmens halten das nicht für das Beste.
    Warum denken so viele, die anderen müssten doch verstehen, wenn sie selber andere nicht verstehen (wollen oder Koennen)?
    Manager haben als Kernkompetenz nicht Empathie, sondern Ellenbogen. Ansonsten wären Sie nicht an der Spitze eines Unternehmens, sondern Psychologen. Sie können nicht verstehen, wie andere denken.
    Gibt es eine Lösung für dieses Paradoxon? Ich suche es leidend schon seit Jahren.

    1. Ich leite in meinem Buch her, dass die Schwarmdummheit schon dann planmäßig einsetzt, wenn man mehr schaffen will als möglich ist… Dann versucht man das Unmögliche mit falschen Strategien (insbesondere mit Überstunden, was dann aber alle andere ruiniert)…die ersten Bücher sind schon bei mir daheim! Druckfrisch!

      1. Ich mag die Art, wie Sie Ihrer Empörung Ausdruck verleihen.

        Trotzdem: kennen Sie – nach all der Zeit, all der Empörung – die Ursachen für diese Entwicklung bzw. ein „Rezept“, wie sie zu beheben wären?

        Ansonsten bleibt es doch stets letztlich die Selbstbefriedigung von Menschen wie uns, die alle auf Ihrer Seite sind und ebenfalls glauben, es besser zu wissen?

        Auch bei einem Arzt würde ich – nach dessen ausführlicher und stets zutreffender Diagnose – irgendwann nach dem Gegenmittel fragen ….

  8. Meisterhafte Artikel, super geschrieben! Sarkasmus im Millimeter-Abstand zur korporativen Realität!

    Quellen der Motivation für geistig arbeitende Menschen sind eigentlich gut erforscht: Autonomie, Meisterschaft, und Sinn, wie Dan Pink in seinen bekannten Werken dargestellt hat. Das ist ja ein Teil der Gründe, warum agile Softwareentwicklung funktioniert:
    Das Team weiß mehr über den Kundennutzen des Produktes, daher bekommt die Arbeit einen höheren Sinn. Das Team bestimmt selbst, wie es das Produkt entwickelt, und man sucht sich selbst die Aufgaben aus. Und man lernt in kurzen Zyklen, bekommt Feedback und wird immer besser. Wenn dann noch von Zeit zu Zeit Freiräume für frische Ideen dazu kommen, wo die Ingenieure sich mal geistig austoben und interdisziplinär herumspielen können, sind dann immer auch neue Produkte in der Pipeline.

    Generell wird ja zur Zeit auch viel geschrieben über neues Management oder dessen Abschaffung, um mit der komplexen Welt des 21. Jahrhunderts Schritt halten zu können. Dazu empfehle ich „Reinventing Organizations“ von Frédéric Laloux:
    http://wp.me/p1Lkvn-2G

    1. Das Agile passt aber nur für GERN geistig arbeitende Menschen, die anderen aber (die große Mehrheit?) kann man besser mit Wasserfallplänen dahinplätschern lassen. Natürlich kann man alles agil neu erfinden, aber die Wasserfallangestellten machen das mental nicht mit, oder? Pink löst dieses Problem nicht, er malt eine schöne Welt aus lauter vorgestellten Rechthirndominierten (das sind aber nur 15%!!).

      1. Na ja, Herr Dueck,

        ganz so schwarz sehe ich das nicht: Toyota hat ja 1984 schon mit der NUMMI-Fabrik in Kalifornien gezeigt, dass die unmotiviertesten und schlechtesten Autofabrikarbeiter der USA nach kurzer Zeit mit Begeisterung fehlerfreie Autos produzieren koennen, wenn man sie als Menschen behandelt und nicht Top-Down dressiert wie bei GM vorher. Sie zeigten sehr viel Gehirn, sobald man es ihnen erlaubte, es zur Arbeit mit zu bringen.

    2. Quellen der Motivation für geistig arbeitende Menschen sind eigentlich gut erforscht: Autonomie, Meisterschaft, und Sinn,….

      Ales schön. Aber wie kommt man dahin?

      Wenn geistig arbeitende Menschen genuin gerne arbeiten – warum lassen sie sich dann davon verunsichern, wenn die BEdingungen nicht stimmen? Warum haben sie dann keinen Sinn, keine Meisterschaft mehr, und warum haben sie ihre Autonomie an den Arbeitgeber abgegeben?? Die Nachteile, meinen Sie? Das würde man dann aber Korrumpierbarkeit, deutlicher: Korruption nennen. Wo also ist die Opferbereitschaft geblieben? Ist es einfach Feigheit? Die eine Entwicklung zu mehr Automatisierung fürchten lässt – die so oder so kommt? Dei es über das monatliche Gehalt angeraten sein ließe, sich leiber langfristig auszurichten? Wie??

  9. Motivation und der Versuch dem Mitarbeiter das Gefühl zu geben er kann mehr schaffen als er bisher dachte ist ja nicht grundsätzlich falsch. Es nimmt nur ab und zu lächerliche Ausmaße an und führt dann dazu das der Mitarbeiter um so mehr gegen neue Tschaka-Tschaka Veranstaltungen abstumpft. Im besten Fall fängt man an im Kopf „Bullshit Bingo“ zu spielen, im schlechtesten Fall zieht sich der Mitarbeiter völlig zurück und macht Arbeit nach Vorschrift.

    Meiner Erfahrung nach entsteht Motivation und Arbeitseinsatz daraus, das meine Führungskraft Zeit für mich hat und lobt oder konstruktive Verbesserungsvorschläge hat. Leider haben wir aber immer weniger Führungskräfte und dafür mehr Alpha Männchen (und Weibchen) als Manager. Das mag in der 2. Führungsebene ja ok sein, aber in der direkten Mitarbeiterführung ist es verheerend wenn der Mitarbeiter erkennt das er für seinen Chef nur noch eine austauschbare Ressource ist.

  10. Zu den mehr schaffen als man dachte habe ich jetzt ein etwas anderes Buch gelesen.
    Dain Heer „Sei du selbst und verändere die Welt“. Er schreibt das wir uns unnötig beschränken.
    Und beim letzten Schwimmengehen habe ich dann einfach mal „meine“ Beschränkung auf 40 Bahnen beiseite gelegt und bin 60 geschwommen (1,5km). Geht 🙂 – ist aber nie auf Arbeit und Firmen anwendbar.
    Für meine Firma würde ich nie eine Extrameile gehen – es ergiebt für mich einfach keinen Sinn schneller oder mehr zu Arbeiten. Wir haben auch so genug Produkte, die ich nicht kaufe 🙂

  11. Ich bin zwar kein Ingenieur und kann daher nur für unseren Betrieb sprechen,einem kleinen Unternehmen in der Schuhbranche.
    Was zählt ist Zuhören. Als Chef seinen Mitarbeitern. Der Motivator auf der Bühne wird für kurze Zeit eine Gemeinsamkeit und ein „Wirgefühl“ hervorheben, doch das ist in den meisten Fällen nicht nachhaltig.
    Täglich mit den Mitarbeitern Kontakt halten,täglich mit den Mitarbeitern reden und sie auch auf Probleme ansprechen und natürlich ihre Leitung würdigen. Das ist in einem kleinen Unternehmen besser durchzuführen,allerdings mangelt es meiner Meinung nach in größeren Unternehmen auch an der Vorbildfunktion der Führungskräfte und an der Bereitschaft eigene Fehler einzugestehen.

  12. Mir fällt da allerdings ein, was ich in der FAZ mal als Headline gelesen habe: „Für viele Ingenieure ist Projektmanagement schon Esoterik“.
    Womit ich nicht sagen will, dass ich diese seltsamen Motivations-Massenveranstaltungen toll finde. Da ist oft allzu deutlich, dass es nur um schneller, größer, weiter geht.
    Eine gesunde Mischung aus Offenheit und Skepsis ist da eher hilfreich.

    1. Liebe Ria, ich sage nur, dass das, was Tschakka bezwecken soll, nur dazu führt, dass viele Ings die Faust in der Tasche ballen. Man hat dann die Veranstaltung an den Kunden vorbeidesignt, weil man nicht sieht, dass verschiedene Menschen je anders motiviert werden sollten. Zum Beispiel wäre es für Techies total gut, mal einen Nobelpreisträger zu sehen…Und dass Techies einen autistsischen Touch haben, sag ich auch oft, ist aber hier nicht mein Punkt. Und Satire ist außerdem nicht wirklich ausgewogen – das will sie gerade nicht sein. Gruß Gunter

  13. Hallo Hr. Dueck,
    …sehr gut getroffen.
    …Das für mich erschreckende ist dabei, dass sich die Manager dessen teilweise durchaus bewußt sind, und sie die Unzufriedenheit der Ingenieure billigend in Kauf nehmen. Offensichtlich wird das typisch Ingenieur-mäßige Arbeiten in der „Erfolgswelt der Manager“ nicht bebraucht. Sonst würden sich die Manager um wirkliche Motivation mehr kümmern.
    Gruß Uwe

  14. War auch mal dabei bei so einer Veranstaltung … die gibt es in jeder Variation exakt angepasst an die jeweilige Situation.

    Ist interessant bei kleineren Veranstaltungen passt selbst der Vortragende die Message nach den Vorgaben der Geschäftsführung an – erinnert irgendwie an die Delphi Methode bei der ein Meetingleiter allein dazu da ist unter den Teilnehmern den Konsens im Sinne des nicht genannten jedoch fest vorgegeben Ziels herstellt oder noch besser die Teilnehmer sich die Lösung selbst erarbeiten oder glauben selbst drauf gekommen zu sein.

    Solche Psychos sich zu sparen ist Gold wert.

    Managements sehen das anders. Wir haben alles getan im von uns selbst gesteckten Rahmen – bei einem Meeting mit Leiter:) Aus meiner Sicht ist das purer Psychoterror gegen die Belegschaft. Wenn Manger wüssten wie dämlich sie wirklich sind, so säßen alle im Erdgeschoss auf Rat eines Psychologen hin.

  15. Das Letzte, was man einem Betriebswesen und den dort arbeitenden unselbständig abhängig Beschäftigten wegnehmen kann, ist das Leiden an sich selbst ….

  16. Super gelungen, Glückwunsch!!!

    Auf jeden Fall ist das Tschakka kein Zugang zur intrinsischen Motivation des Einzelnen, diese ist m.E. letztlich nur individuell und nicht pauschal beeinflussbar – also eine entscheidende Frage der Unternehmens – und Führungskultur.

  17. Es ist der Glaube, der den Menschen begeistert, lieber Gunter.
    Es ist diese kokainähnliche Hirnsubstanz, die der emotionalisierte homo oeconomicus vernunftgemäße Vollpfosten produziert, wenn er versucht Dinge zu erfassen, die es nicht gibt. Genau darüber sind Menschen manipulierbar.
    Erkennbar nach Franz Arwee daran, daß Menschen etwas nicht tun, weil es zuwenig von dem Stoff gibt, der gar nicht existiert. Daran ist ein Manipulationsmittel wie Geld zu erkennen.

    Gruß auch vom Franz, Du schuldest ihm noch eine Mail-Antwort.

  18. Ist doch alles gut. Tschakka ist eine tolle Sache: Es wäre doch saublöd, wenn man durch tiefe, gut begründete Informationen das Nicken nicht mehr hinkriegt. Tief begründete, gut recherchierte Information trägt den Makel der Normalität mit sich und alles ist entmystifiziert. Oh wie doof ist das denn?

    Statt dessen lebt die oberflächliche, schnell begreifbare, hoch emotionalisierende Kurz-Info. Das ist doch viel besser. Das begreift jeder. Sofort. Ohne Umweg übers ‚Gehirn‘. Durch fehlende Zusatzinformation ist ein rauschhafter Zustand herstellbar. Irgendwann sagt jemand „Muslim“ und alle prügeln drauf los. „Tschakka“ ist das Internet. Tschakka ist die Pegida-Bewegung. Tschakka vermiedet lästige Rückfragen und jede Neugier. Tschakka ist System. Tschakka ist deshalb auch gut fürs Management.

    Und der Intellektuelle leidet, weil ihn keiner mehr versteht. Dauert zu lang. Aber wir haben Tschakka mit möglich gemacht.

  19. Lt. SZ vom 23.01.15 sagte Harald Schmidt im Ville-Gymnasium in Erftstadt-Liblar vor 200 Oberstufenschülern anläßlich einer Doppelstunde in Lebenskunde:
    Unser Gesellschaftssystem lebt davon, dass die Leute nicht in der Lage sind, einen Mietvertrag zu lesen(verstehen). Wenn die Leute begreifen was sie unterschreiben, wäre unser System am Ende.

  20. Idealisten brauchen Tschakka als Lebenselixier,
    Rationalisten hassen es.
    Scott Atran schreibt z.B., daß ‚Die Macht der Absurdität‘ notwendig für eine liberale Gesellschaft ist. Das sollten #NT bedenken!
    Laut R.D. Precht hauen sich #NF und #NT seit 2500 Jahren gegenseitig die Köpfe ein…
    Tony Robbins für (fast) alle 😉
    Wann darf ich die erste Rezension schreiben?

    vgl. http://ed.iiQii.de/gallery/Science-TheOnlyNews/EricHamerman_tulane_edu

  21. Mein Schlüsselerlebnis hatte ich in Kanada. Der Chef eines Convention-Centers ging früh durch das Haus und grüßte jeden Mitarbeiter wie dort üblich mit Vornamen und er, der Chef, fragt die Mitarbeiter wie es ihnen geht. Und ob sie etwas brauchen, um ihre Arbeit (gut/besser) zu machen. Das ist doch eher ein Ansatz – zu fragen, was jeder Einzelne braucht, welche Umgebung, welche Materialien, welche Unterstützung. Aber auch Vorträge, auch Fachvorträge sollen Spaß machen, aber die unendliche Karotte hin zu hängen – wenn du nur WILLST gelingt dir alles – das kann größte Frustrationen auslösen.

  22. mit vielen Worten wenig, oder gar Nichts auszusagen war bisher eine vermeintliche Tugend Deutscher Politiker und Lobbyisten, für die Stimmungsmache wurden stets entsprechende, linientreue Entertainer
    engagiert was die Industrie nun vehement nacheifert. Gottlob arbeitet der Handwerker noch mit mit seinen beiden evolutionär verfeinerten Händen.

  23. Selbstüberwindung ist eine feine Sache und kann einen ganz taumelig vor Glück werden lassen. Gerade wenn man vorher der Meinung war, etwas gar nicht zu können. Das muss dann aber auch etwas Besonderes, noch nie Erlebtes sein, und nicht nur 3%, 10% oder 50% mehr von dem, was man sowieso schon immer gemacht hat.

    Ich habe mir als Ingenieur durchaus interessiert die Vorträge von eingeladenen Extremsportlern angehört. Jedenfalls solange sie mit Begeisterung von ihrer Leidenschaft erzählten, denn die ist ja oft nicht weniger autistisch. Wenn dann mühsam und gewollt der Bezug zum Unternehmensalltag heregstellt wurde, dann begann das Fremdschämen für mich.

  24. Das letzte Mal das ich so eine Veranstaltung besucht habe ging mir ein Licht auf. Ich sagte meinem Freund und Kollegen: „Ich habe noch eine dringende Prio low Meldung im Eingang, bis später.“ Seither meide ich solche Motivierungsevents.
    Die Frage stellt sich aber noch einfacher: „Wann wird eine Firma für mich eine Extrameile gehen?“
    Nein, ich meine nicht das bischen Knete…

  25. “Wann wird eine Firma für mich eine Extrameile gehen?” – die Frage gefällt mir, wirklich. Ich spinn das noch ein wenig weiter:
    „Welche Firma könnte das sein?“ und dann
    „mit welcher Motivationsshow krieg ich die dazu, genau für mich diese Meile zu laufen?“.

    Da sind wir mitten im Strudel des Hi-Tech Arbeitsmarkts der wirklich global erfolgreichen Firmen: die Personaler und Manager versuchen verzweifelt, die besten und kreativsten und – ja, auch: belastbarsten – Talente zu rekrutieren. Die wiederum haben ihre eigenen Vorstellungen von ihrer Zukunft und wie sie dabei glücklich werden. Generation Y oder ist es schon Z ? Nein die kommen erst.

    Zur frage welche Firma: hier ein Artikel aus 2013 Brand Eins: das Silicon Valley Paradox.
    Ganz aktuell 31.5.2015: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/talentjagd-im-silicon-valley-ein-arbeitskampf-der-anderen-art/11843458.html

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