DD212 Unnötige Angst des Schüchternen vor dem Alphatier (März 2014)

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DD212: Unnötige Angst des Schüchternen vor dem Alphatier (März 2014)

Als Jugendlicher war ich sehr, sehr schüchtern. Ich wurde Mathematiker und traf an der Uni Göttingen viele andere derselben Sorte. Erst als ich zur IBM wechselte, wurde es etwas lebhafter – aber alles spielte sich ja noch im Wissenschaftszentrum ab. Das wirkliche Leben lernte ich erst spät kennen.

 

Nach drei Jahren in der IBM Forschung wurde ich zu einem Assessment Center geschickt, wo meine Managementtauglichkeit festgestellt werden sollte. Wir diskutierten in verschiedenen Gruppen über vorgegebene kontroverse Themen, spielten den zukünftigen Manager in Rollengesprächen und trafen harte Probeentscheidungen.

Viele hatten mich gewarnt – ich würde untergehen, weil die Kandidaten aus den Bereichen des Vertriebs und des Services mich an die Wand reden würden. Wissenschaftler würden traditionell als nicht geeignet angesehen, sie wären zu zahm.

Gut, das Assessment begann. Sofort stritten alle anderen los, fast alle spielten den Sitzungsleiter, lauter Alphas. Ich wurde ängstlich und raffte mich dann doch noch auf, etwas zu sagen – nach endlos gefühlten zwanzig Minuten schüchterner Ohnmachtsattacken. Mir war klar, ich musste mich beteiligen, sonst wäre ich ja sofort auf der Streichliste. Ich erklärte dann etwas sachlich ganz Gescheites, worauf sie einigermaßen gut eingingen. Da wurde ich etwas wärmer mit ihnen und kam ganz gut klar. Viel geredet habe ich nicht, hauptsächlich litt ich unter dem Zwang, etwas tun zu müssen. Vor dem Urteil der Jury über mich war ich unsicher, wie ich mich geschlagen hätte.

 

Sie sagten, sie würden es mir zugute halten, im Laufe meines Lebens (damals hatte ich schon fünfzehn Berufsjahre in der Wissenschaft hinter mir) nur einigermaßen vernünftige Menschen getroffen zu haben, und zwar solche, die rational wären, aber nie cholerisch und nie auf Macht oder Geld aus. Ich würde deshalb aus meiner sehr eingeschränkten Lebenserfahrung heraus stets ganz sachlich reden und hätte wohl wegen meines Prof-Titels doch so einige Überzeugungskraft, sodass ich im Assessment eigentlich ganz gut gewesen sei. Aber im Assessment würden sich die Leute aus Schlauheit nur rational benehmen, da hätte ich wahrscheinlich Glück gehabt. Wenn ich deshalb jemals mit Machtmenschen und Geldhaien zu tun haben sollte, würde ich wohl mit fliegenden Fahnen untergehen. Rationale Menschen seien für Kämpfer so sehr berechenbar, dass sie bei Verhandlungen oder Auseinandersetzungen fast gar nicht zählen würden. Man habe daher einige Sorge, dass ich schweren Schaden nehmen könnte, wenn ich mit nicht-rationalen Menschen zu tun hätte, zum Beispiel mit instinktiven, mit emotionalen etc.

Ich habe damals über die Jury gelächelt. Seltsame Ansichten! Aber sie hatten Recht. Das merkte ich dann als Manager. Ich schwamm deshalb wenig später, wenn sie mich als Manager anschrien, Gehaltserhöhungen wollten, den Vertrag nur unter Knebelbedingungen zu unterschreiben drohten – und immer, wenn es laut wurde, riet mir meine innere Stimme, den Raum schnell zu verlassen und es abzulehnen, mich mit solchen Menschen auseinanderzusetzen. Pfui! Oder nein, nicht pfui – ich schämte mich, so schwach zu sein und nicht zurückschreien zu können, weil ich Gewalt ablehnte (meine rationalisierende Erklärung) oder eben nicht anwenden konnte (faktisch). Ich hatte panische Angst, etwas könnte explodieren oder beliebig eskalieren, wenn nach den Anderen auch noch ich selbst die rationale Ebene verlassen würde, also Öl ins Feuer gösse. Würde dann nicht alles noch schlimmer als es schon war? Ich war hilflos.

 

Irgendwann belegte ich einen Lehrgang bei Raymond Fein. Dieser Kurs wurde zu einem wichtigen Tag in meinem Unternehmensleben. In „Verhandeln mit Executives“ erklärte er den Umgang mit den Cholerikern oder den „Roten“ in einer bekannten Farb-Charakterlehre (Blau-Grün-Rot, ich bin Blau wie rational). Rationale gewinnen durch Argumente und Expertise, Instinktmenschen durch Körpersprache und Auftreten, am besten durch Charisma. R. Fein schilderte den Machtmenschen als Löwen. Der chillt den ganzen Tag, dann hat er Hunger, reißt ein Tier und döst wieder. Eine halbe Stunde am Tag muss er unbedingt kämpfen, ein Opfer besiegen und dazu ein paar Mal triumphal laut brüllen. Sonst ist es kein Tag für ihn.

„Und wenn ich nun selbst immer das Opfer bin?“, fragte ich mich. „Wie überlebe ich?“ RF klärte mich über mein Missverständnis auf. Löwen-Menschen müssten nur eben jeden Tag einmal wenigstens für zwanzig Minuten auf voller Betriebstemperatur laufen und dafür ein Opfer besiegen. Und ich würde den grauenhaften Fehler begehen, den Löwen aus Angst vor ihm (innerlich rationalisiert als Antipathie empfunden) zu meiden und ihm nur dann zu begegnen, wenn ich etwas Wichtiges von ihm wollte und deshalb zu ihm MÜSSTE. Folglich würde ich immer dann von ihm besiegt, wenn es um viel für mich ginge. Sonst würde ich ihn ja leider meiden!

 

Und was soll ich beim Löwen, wenn ich gar nichts von ihm will? „Kämpfen Sie mit ihm, wenn es um nichts für Sie geht, das ist doch klar! Dann verlieren Sie mit Pauken und Trompeten, und der Löwe brüllt.“ Geht es denn dem Löwen nicht darum, bei seinem Sieg etwas Wichtiges zu erreichen? Ich verstand RF voller Erstaunen so, dass der Löwe nur eben die volle Betriebstemperatur für zwanzig Minuten am Tag haben müsste – mit anschließendem Triumph. Aha, und es geht nur um Machtdemonstration, nicht um mich? Mir wurde geraten, am Montagmorgen einfach ohne Termin zum Löwen reinzuplatzen und laut schimpfend eine Gehaltserhöhung zu fordern. Etwa so: „Was wollen Sie hier?“ – „Ich stieg gerade die Treppe hoch und merkte, dass ich innerlich wütend bin. Ich will mehr Geld, Löwe.“ – „Spinnen Sie? Sie sind doch als Mitarbeiter höchstens durchschnittlich.“ – „Dann überlege ich zu kündigen.“ – „Dann kündigen Sie doch!“ Und ich gehe wortlos raus. Hinter mir brüllt er.

Der Zweck dieses kurzen Schlagabtausches ist es, mich gleich schon einmal am Montagmorgen besiegen zu lassen. Dadurch weiß der Löwe, dass er mich für ein paar Tage im Sack hat und ich Angst habe. Deshalb lässt er mich jetzt eine ganze Woche in Ruhe und ich kann normal rational arbeiten, während der Löwe zur Steigerung seiner Betriebstemperatur andere Opfer auf dem Flur sucht, weil er sich unterkühlt fühlt und aus seiner Sicht langweilt.

 

Mein Boss schickte mir damals dauernd quälende Mails der Form: „Warum präsentieren wir nicht auf der Konferenz X? Y? Z?“ Er bekam jeden Tag per Post Einladungsflyer zu Konferenzen und ärgerte sich beim Durchblättern, dass nichts Positives über unser Zentrum drinstand. Jeden Tag Fehlanzeige. Ich war dann immer ziemlich bekümmert und brachte gute rationale Gründe per Antwortmail, dass es nicht sinnvoll sei, gerade bei dieser speziellen Konferenz Flagge zu zeigen. Ich wurde mit der Zeit mutlos, das dauernd sagen zu müssen. Er aber wurde ärgerlicher, weil ich immer dasselbe so sehr entschuldigend schrieb. Nach dem Lehrgang bei Raymond Fein änderte ich das. Ich suchte Konferenzen in Las Vegas und auf Hawaii aus und bat um die Genehmigung, bei dieser für unsere Firma hochentscheidende Konferenz mit drei bis fünf Leuten aus unserem Team Präsenz zu zeigen. Da kam mein Chef persönlich und zeigte mir einen Vogel. Nun schickte ich ihm immer mehr sündhaft teure Gesuche für Konferenzen nach Vietnam oder Südafrika. Er lehnte wütend ab und antwortete bald gar nicht mehr. Dann ließ ich es von meiner Seite auch wieder sein – und bekam nie mehr eine Mail mit der herrischen Frage, warum wir irgendwo nicht vertreten wären.

 

Das war mein erster Anfangserfolg mit einem Löwen. „Von einem Schüchternen, der auszog, das Brüllen ertragen zu können.“

Schade, dass man so etwas nicht schon in der Schule lernt.

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38 Antworten

  1. Wieder ein sehr gelungener Artikel. Nur der letzte Satz gefällt mir so nicht. Da muss stehen:

    „Also los! An alle Eltern: bringt es JETZT Euren Kindern gleich schon von Anfang an bei!“ 🙂

    1. Ach was: das ist nur bei den Kindern nötig, die Mathematiker werden wollen 🙂

      Der Zugang? Ihm die Logik der Löwen, die Strategien beibringen. Da hat auch das Mathematiker-Kind Freude dran, weil es ja eine intellektuelle Herausforderung ist, sich Strategien zu überlegen.

    1. Ein echter Löwe hat anderes zu tun, als durchsichtige Sachverhalte zu verstehen.

      Auch ich bin ein Löwengeschädigter: Dauernd wurden in einem Projekt von einem Projektkollegen Folien für die Schlusspräsentation (die natürlich nur er, der Löwe halten konnte) gefordert. Doch keiner Information auf meinen Folien hat er wirklich geglaubt und immer wieder diesbezüglich nachgefragt, was dann zu Bestätigungen und Rechtfertigungen meinerseits führte … bis ich irgendwann einfach nicht mehr geantwortet habe. Löwen mobben gern, hören damit aber auf, wenn sie merken, dass es keine Wirkung hat.

  2. Da fällt mir ein guter Spruch ein wenn jemand brüllt:
    „Ich strapaziere lieber meinen Kopf als meinen Kehlkopf“
    Das ist für jeden Brüller zu mindestens in deutscher Sprache entwaffnend, besonders wenn andere noch dabei sind.

  3. Das mit den Konferenzen ist drollig – mit den eigenen Waffen schlagen. Oder auch: Opfer anbieten, die keine sind („tote Mäuse“) wie das mit dem Gehalt. Macht ein wenig unberechenbar, und damit auch gefährlich. RICHTIGE Löwen, lieben den Kampf und achten – nur – den Gegner.

    Aber es gibt auch andere „Tiere“, die aus dem Hinterhalt angreifen und nicht den Kampf, sondern die Vernichtung lieben: die Intriganten. DAS ist schwieriger …

  4. Und wieder ist eins entscheidend: erkenne dich selbst! Die meisten Menschen wissen gar nicht (und wollen vielleicht auch gar nicht wissen), welcher Typ sie sind und dementsprechend auch nicht agieren/reagieren. DAS ist es, was so schwierig ist, insbesondere bei den eigenen Kindern: ich HÄTTE gerne einen rationalen und sensiblen Löwen:-) als Sohn, aber wie er wirklich ist und was ich ihm raten/vorleben soll, DAS weiss ich nicht wirklich …

    1. seien sie einfach Sie selbst!

      Kinder haben einen untrüglichen Instinkt dafür, was echt ist und was man – unecht – (angeblich) Ihnen zuliebe aufführt.

      Und lassen sie das Wünschen, arbeiten sie dran: entdecken Sie leiber, wer ihr Sohn IST und helfen ihm dabei, es zu entwickeln. Sonst spielt er ihnen womöglich den Löwen vor, den sie sich wünschen und leidet darunter, dass er in wirklichkeit „nur“ ein Mathematiker ist.

      Wenn Ihnen der Löwe so gefällt, werden sie lieber selber einer 😉

  5. Tja, in so einem Management Assessment bin ich mal untergegangen. Lauter werdende Associate Partner und ich als rational denkender Projektleiter mitten drin. In den Übungen haben sich die die Alpha Tiere 55 Minuten gegenseitig aufgeschaukelt und um jeden Kleinkram gekämpft. Ich habe in 5 Minuten rational die Rahmenparameter erklärt und für meinen Fall (z.B. fiktiver Mitarbeiter oder ein Unternehmensziel) das Optimum erreicht. Aber der Bewertungsjury war ich zu ruhig.
    Aber vielleicht ist es ganz gut so – als Manager hat man nicht mal die Delegation 500 EUR auszugeben – als Projektleiter in grossen Projekten kann man über hundertausende entscheiden.

    Es würde mich brennend interessieren, ob die „Löwen“ in unseren Führungsetagen gegenüber dem Durschnitt der Belegschaft überrepräsentiert sind – und ob das gut oder schlecht für eine Unternehmen / eine Gesellschaft ist.

    1. Ob sie überrepräsentiert sind, weiß ich leider nicht, ich würde es aber vermuten.
      Nicht-Löwen habe schon trotzdem gute Chancen sich nach oben zu entwickeln.
      Karrieren finden ja zumeist in symbiotischen Gemeinschaften statt und die meisten Löwen sind ja nicht automatisch Soziopathen. Sie eignen sich in solchen Gemeinschaften ganz hervorragend zum Frontmann, Schneisendrescher und Blitzableiter.
      Ich kenne Fälle, in denen eine ganze Konzernspitze aus Nicht-Löwen besteht, weil der Löwe vornedran sich etwas zu viel Feinde gemacht hat – und das funktioniert m.E. hervorragend. Das davor aber auch!
      Nicht-Löwen, ob allein oder im Team können sich am besten durchsetzen, indem sie systematisch über Beziehungsnetzwerke indirekt agieren.
      Aber ich bin erklärter Fan von Teams heterogener Zusammensetzung – nicht in der konstruierten Form, wie man das auch bei der IBM Seminar-technisch genießen konnte ;-).
      Einen „Roten“ vorne dran oder wenigstens mit dabei zu haben ist für die Blauen von großem Vorteil, wenn sie ihn für Ihre Sache gewinnen, denn Veränderungsprozesse laufen „verkopft“ geführt zu fast 100% an die Wand!
      Mein Fazit: Löwen sind gut, solange sie keine Einzelkämpfer sind.
      Und selbst wenn sie gelegentlich einen massakrieren: Sie liebe die Blauen – wenn Sie gut sind!

  6. Ich finde es unbegreiflich, dass man sich auf solche Spielchen einlassen muss, nur weil ein Mensch eine Machtposition hat. Ich würde mich damit auf Dauer schwer tun.
    Aber zum Glück gibt es auch noch Alphatiere ohne diesen starken Drang zu Brüllen, entweder weil sie sich schon weiterentwickelt haben oder von ihrem Naturell auch noch eine Seite haben, die sie mehr in ihrer Balance hält mit ihren emotionalen Antrieben.
    Ich finde, jedes Alphatier sollte lernen, einen sozial-verträglicheren Umgang seiner Lust zu brüllen entwickeln.

        1. Kennen Sie Duecks Omnisophie nicht? Er unterscheidet den wahren, den natürlichen und den richtigen Menschen.

          Der wahre ist eher der Forscher, der alles bis zu dne letzten Ursprüngen wissen möchte, der Natürliche der, der, grob gesprochen, mit der vorgefundenen Realität pragmatisch umgeht und der richtige der, der bei Problemen Regeln einführen möchte.

  7. Gut gebrüllt Löwe, aber kurz gesprungen.
    Auch ich habe Herrn Fein genossen. Nach meiner Lebenserfahren geht es eher darum, zu erkennen und zu lösen, was das „Brüllen“ in einem Selbst anregt. Danach kann ich auswählen, wie ich auf den anderen eingehe – denn der Löwe hat hinter seinem Brüllen auch nur unbefriedigte Bedürfnisse. Hier ist die GfK (Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg) besonders hilfreich und ermöglicht für beide eine zutiefst befriedigende Kommunikation statt einem „Waffenstillstand in innerem Unfrieden“.

    Wie wollen wir denn Frieden in die Welt tragen, wenn wir ihn nicht in uns selbst spüren?

    1. Ach, Sie verstehen mich leider nicht so, wie ich es meine. Löwen wollen raufen, das ist meinetwegen ein unbefriedigtes Befüfrnis, okay, aber ich meine das positiv, so wie Kinder spielen wollen. Fische wollen schwimmen! Schriftsteller ohne Störung im Flow arbeiten…etc. Und dann gibt es solche, die innere Ruhe haben wollen… sorry, Löwen wollen Kampf, Aufregung, Kick, Gefahr, Risiko – die in der Freizeit klettern, fliegen, Rennen fahren…
      Es sind verschiedene Wesen und es ist eben so, dass es verschiedene Wesen sind. Und dann kommen Menschen wie Sie, die innere Ruhe als ultimatives Ziel ausgegeben und Methoden lieben, die Löwen ermöglichen, ein Lamm zu werden…
      Fein sagt – ich auch, es gibt verschiedene und man muss diese Verschiedenheit irgendwann souverän ausgleichen können. Und wenn mein Chef eben so ist, wie er ist, muss ich erst mit ihm klarkommen, ich ändere ihn nicht, wenigstens nicht schnell. Bei IBM war es normal fast jedes Jahr einen neuen Chef zu haben. Und dann?

      Rosenberg geht es nicht darum (Wikipedia), andere Menschen zu einem bestimmten Handeln zu bewegen, sondern eine wertschätzende Beziehung zu entwickeln, die mehr Kooperation und gemeinsame Kreativität im Zusammenleben ermöglicht. Manchmal werden auch die Bezeichnungen „Einfühlsame Kommunikation“, „Verbindende Kommunikation“, „Sprache des Herzens“ verwendet. Wenn Sie das einem Löwen beigebracht haben, ist er keiner mehr. Wenn – Sie schaffen es ja nicht. Das wissen alle, denen Gott einen Löwen als Kind schenkte….

      1. Hmm, mein Bauchgefühl als wahr/natürlicher Mensch hat sich beim Lesen des Artikels auch gefragt, ob Scheinkämpfe mit Scheinriesen die einzig wahre Strategie sind. Und kam zu ähnlichen Gedanken wie Silvio: Führt es weiter, die Bedürfnisse hinter dem Machtgebahren zu erkennen zu versuchen? Gefühlt: Ja, schon der Versuch lohnt. Ein Gespräch auf anderem Terrain als dem Schlachtfeld vielleicht noch mehr. Ausgerechnet wichtige Dialoge nicht mit den Waffen des Kampferprobten „gewinnen“ zu wollen, ist bestimmt klug. Was hat man noch in petto, was der andere von einem brauchen könnte? Wie könnte man Kooperation auf Augenhöhe noch auf anderem Wege schmackhaft machen, als sich montags erstmal seine Tracht Prügel abzuholen? Sind die Fragen naiv?

  8. „Wenn Sie das einem Löwen beigebracht haben, ist er keiner mehr.“ Er war noch nie einer,diese Aussage ist viel zu statisch, er hat nur eine „Löwenstrategie“ mit der er irrtümlicherweise (!) meint, irgendwelche Bedürfnisse befriedigen zu können. (Würde Rosenberg vielleicht anmerken). Um diesen Kreislauf zu durchbrechen könnte man ja mal anders als erwartet reagieren. Mit „Einfühlung“ (siehe Gewaltfreie Kommunikation) z.B.

    1. Wenn Sie einfühlsam sein wollen – können sie sich einmal – nur einmal – den Gedanken durchdenken, dass EINE Sorte von Menschen innere Ruhe will und die andere Fun, Abenteuer und so? Alle, die innere Ruhe wollen, erklären aus dieser sehr speziellen Haltung (von schwach Autistischen, Schüchternen, Schwachen, Highly Sensitives, Sinnbekümmerten, schwach Depressiven und solchen Sorten) heraus Frieden, Liebe und Weisheit für das Wichtige – und alle (Löwen zB), die anders sind, erklären Sie als „Irrtümlicherweise (!)“. Merken Sie nicht, dass die wenigsten Leute Ihrer Meinung sind? Dass fast alle Psychologen die mit der „Ruhe & Liebe“ sind? Merken Sie nicht, dass diese damit „Einfühlsamkeit“ predigen, dann sogar noch „Wertschätzung“, aber dann „Löwe“ für einen Irrtum erklären??? Ist das wertschätzend?
      Ich habe auch Carl Rogers gelesen, der sagt nach dem, was ich verstand, dass man einen lahmen struppigen Hund wieder zu einem wundervollen Hund macht. Einen zahnlosen Tiger zu einem prächtigen Tiger etc. Da steht NICHT, dass man alle zum Lamm oder zu Giraffen machen soll, das hat Rosenberg nun leider aus dem Rogers gemacht…. GfK will doch Giraffen erzeugen? Was soll das?

      Und

      1. Hallo nochmal, mit dem Versuch ein Missverständnis aufzuklären. GfK / Rosenberg möchte nicht andere ändern sondern erstmal Verständnis für einen selbst entwicklen helfen (Selbstempathie). In jedem von uns stecken viele (alle?) Seiten, auch wenn sie manchmal verschüttet oder „aberzogen“ wurden. In mir liegt Furcht, Angst und Schüchternheit wie in einem Lamm aber auch Schaffensenergie, Aktivität und Aggressivität (eines Löwen). Oft komme ich schlecht zurecht mit Seiten meiner Mitmenschen, die ich an mir ablehne. Wenn ich lerne, diese an mir anzunehmen (die Ursachen erkenne), verschwindet die Ablehnung des Anderen und er braucht sich nicht (mehr) zu ändern – und gerade dadurch erlebe ich immer wieder Änderungen bei meinen Mitmenschen.
        Und ich gewinne die Freiheit „mal Lamm, mal Löwe“ zu sein, je nachdem, was ICH in einer Situation für angemessen halte.

  9. Diese Geschichte ins Netz zu stellen, ein schöner April Scherz! Löwe gegen Mathematiker, wie Marathonläufer gegen 100 Meter Sprint, da kann keiner siegen !

  10. Ach ja… Die Seminare von Herrn Fein. Das war immer ein echtes und gewinnbringendes Erlebnis. Mit die besten Veranstaltungen, die Big Blue für seine Mitarbeiter m. m. nach hat (oder hatte?)

  11. Für mich ist der zentrale Satz dieser: „es geht nur um Machtdemonstration, nicht um mich?“ Die Erkenntnis, dass der Löwe nicht speziell mit mir ein Problem hat. Er brüllt gar nicht, weil er mich schlecht/blöd/unfähig findet oder mich nicht leiden kann. Das ändert viel. Ich kann mir die Energie sparen, die ich sonst darauf verwendet habe herauszufinden, wie ich mich verhalten/verstellen muss, damit nicht gebrüllt wird. Es geht nicht um den Löwen. Es geht um mich. Und ich muss nicht mehr Skinner’s abergläubische Taube sein.

  12. Wird eh bald keine Assessment Center in der Art geben.

    IBM analysiert die BigData aus allem, was Sie je im Internet hinterlassen haben, Interessen, Freunde, Verhalten und WEISS dann besser als sie selbst, ob Sie Löwe oder Maus sind.

    Sie sind nicht mehr der Träger der Wahrheit über sich selbst: das sind dann die Daten, da können Sie sich noch so sher als Löwe fühlen…

  13. … es geht auch anders.
    Ich lehne es ab, mir bein Benehmen von anderen vorschreiben zu lassen. Ich arbeite jetzt bei meinem 8. Startup, in absolut JEDEM erfolgreichen Startup wurden Leute vom Typ „Löwe“ – wenn sie es denn hineingeschafft hatten – ziemlich umgehend gefeuert. Über Zeit haben sich drei Regeln für einen erfolgreichen Startup herauskristallisiert:
    A) Hire people who are smarter than you are, do not be afraid of their competence competing with you
    B) set goals, give budget, get out of the way; if you need to micromanage you screwed up A)
    C) fire assholes … immediately. An asshole is not someone who fights hard, but who does it because he/she ENJOYS fighting; fire that person the same day; in public

    Der Löwe ist exakt vom Typ C). Er muss weg. Sofort. Oder eben ich. Zum nächsten StartUp und dem nächsten IPO. Hat bisher immer funktioniert. Die Punkte A)-C) sind übrigens aus der Abschiedsrede von Dominic Orr, als Alteon für über 6 Milliarden Dollar an Alteon ging.

    Überall wo ich war und diese Regeln beherzigt wurden gab’s nen riesen-IPO. Überall wo ich war und man A)-C) ignoriert hat (und da war ich dann nicht lang) gabs ein Chapter 11. Ohne Ausnahmen.

    Ich plädiere dafür, solche Leute (Löwen) zu isolieren, in dem man ihnen seine eigene Arbeitskraft entzieht, in dem man – wann immer möglich – entweder die Löwen rauswirft oder selber geht.

    Alles andere verharrt im Mittelmaß.

  14. Ist die Rechnung nicht noch einfacher? Löwen == Arschlöcher? Einfach ignorieren und wenns nicht geht Revier markieren und dagegen halten (sonst bleibt man für immer das opfer)? Für mich zumindest funktioniert das gut.

  15. Ich kann Gunter Dueck und seinen Darlegungen nur zustimmen. Auch ich bin – nein, war – so ein Löwe: „Wo ich bin ist vorn“ und „mein Wort ist Gesetz“. Dann war ich bei einem Raymund Fein Seminar um „den Löwen zu verbessern“. Mit einer vollkommen anderen Sichtweise auf die Dinge kam ich zurück, wurde ruhiger und hatte mehr Übersicht über die betrieblichen Geschehnisse. Ich war ausgezogen die Krallen zu scharfen und kam mit der Erkenntnis zurück: Krallen? wozu.

  16. Hallo Gunther,

    wie richtig. Ich sitze manchmal auch abends da, und frage mich wo ich hätte (früher) sein können, hätte ich schon mehr Wissen über Verhalten gehabt.
    Ab und zu versuche ich auch, das meinen Kindern zu vermitteln – wenn sie mir dann zuhören. Das auch so ein Ding. Manchmal denkt man sich, man hätte da eher den Eltern zugehört. Vielleicht haben sie es ja auch gesagt…. 😉

    Gruss,
    Sven

  17. Auch ich durfte in meinen IBM-Zeiten mit Raymond Fein zusammenarbeiten. So einfach die rot-grün-blau Typologie auch ist, sie hat mir im Berufsleben bis heute geholfen. Noch immer habe ich RFs O-Töne im Ohr. „Es ist wie mit Fremdsprachen, man sollte ein wenig rotisch, blauisch und grünisch beherrschen.“ So ist die Antwort auf rote Anweisungen generell immer: „Uiuiui. Das ist aber schwer. Nur weil du es bist. Alles schaffe ich nicht sofort, aber wenigstens den ersten Teil. etc..“ Und was fragt sich der Rote, wenn er neue Personen trifft „Bist Du mein Frühstücksei?“. Für ihn ist das Leben ein Spiel, er fordert andere heraus und freut sich über den, der die Provokation aufnimmt. Ich bin selbst eher grün mit Blau-Anteil und so hat es mir als Frau in der IT-Branche enorm geholfen, ein wenig „rotisch“ zu lernen, um nicht zum Frühstücksei der Roten zu werden – und im Gegenteil derartigen Machtproben sogar etwas Unterhaltsames abzugewinnen.
    Das wichtigste Fazit ist für mich, die Unterschiedlichkeit der Menschen zu akzeptieren und wut- und wertfrei damit umzugehen. Um auf den Beitrag oben zurückzukommen: wie schön wäre es, wenn dies schon in der Schule noch viel konsequenter gelehrt und praktiziert würde.

  18. Obiger Artikel von Gunter Dueck hat mich innerlich stark bewegt, weil ich ähnliche Situationen aus einem ähnlichen Blickwinkel erlebt hat. Ich selbst war früher sehr schüchtern und vermied es zu reden.

    Der Vorschlag den Löwen bei einem „Scheinkampf“ gewinnen zu lassen gefällt mir gut.

    Menschen, denen das Recht haben so wichtig ist, sollen von mir aus gerne mal Recht haben. Das tut mir nicht weh 🙂

    Eine Frage habe ich: Zitat „GfK will doch Giraffen erzeugen?“ Wie kommen Sie auf diese Idee?

    Als Giraffe hat man es deutlich leichter, weil man in der Regel brüllende Menschen nicht gefährlich sind. Warum sollte man also Angst haben, wenn man angebrüllt wird? Rational gibt es dafür keinerlei Gründe. Es ist einfach ein Instinkt/Reflex, dass die meisten Menschen zurückhaltend reagieren, wenn der Gegenüber wütend ist.

    Dadurch läuft das Leben des Löwen doch so prima: Kurz brüllen, schon ist der Weg frei. Falls jemand nicht gleich reagiert, dann ggf nochmal brüllen.

    Man kann Löwen aber auch aus einer anderen Perspektive betrachten. Ich sage gerne dazu: „Jeder Mensch kompensiert seine Minderwertigkeitskomplexe auf andere Art und Weise :-)“.

    Der Spruch ist von mir, die Denkweise von der GfK.

    Aus diesem Blickwinkel gleicht der brüllende Löwe eher dem cholerische Zwerg aus dem Märchen „Schneeweißchen und Rosenrot“ – eine kleine Witzfigur.

    Wenn man dann die Souveränität besitzt seine Souveränität nicht zeigen zu müssen, sondern mit Empathie reagiert (zB „Das macht Sie wütend?“) dann sind Entwicklungs- und Erkenntnisprozesse (in vielen kleinen Schritten) möglich.

    Vielleicht fragt sich der Löwe doch mal selbst: Warum bin ich eigentlich wütend? Was fehlt mir eigentlich zum Glücklichsein? Diese Fragen einem brüllenden Löwen zu stellen ist aber sinnlos. Der Weg zum Kern geht über die Gefühle.

    Ja, es gibt kalte Herzen. Und ich bin sicher, dass im Kern jedes kalten Herzens doch wieder Wärme zu finden ist. Extrembeispiel Selbstmordattentäter: Sie tun Gutes (aus ihrer Sichtweise).

    Mein eigentliches Anliegen: Zitat „GfK will doch Giraffen erzeugen?“ Wie kommen Sie auf diese Idee?

    1. Giraffe ist nur ein schnelles anderes Tier, nichts damit gemeint! Ich meine, dass die Psychologen „Kunsttiere“ definieren wollen, die keine schlechten Eigenschaften haben, wobei „keine schlechten Eigenschaften“ bedeutet, so zu sein, wie sich die Psychologen das vorstellen: Friede und Wohlwollen…das geht an der realen Dynamik vorbei.

  19. Ich kann nicht viel über „die Psychologen“ sagen, denn ich kenne einen privat, und dann habe ich ein paar Bücher gelesen. Ich habe zu wenig Erfahrung um das auf alle Psychologen zu verallgemeinern. Zu diesem Buch MARSHALL B. ROSENBERG, „Was deine Wut dir sagen will“ kann ich nur sagen, dass darin die Wut als ein sehr wichtiges Zeichen angesehen wird. Die Wut ist ja nur ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt. Die Wut zu unterdrücken ist so sinnlos, wie das ignorieren der Tankanzeige beim Auto. Es gibt Gründe für das Signal. Und die sollte man lieber nicht ignorieren.

    Noch eine Frage: Was sind „schlechte Eigenschaften“? Was sind gute Eigenschaften?

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