DD266: Netzbildpflege – schlechte Erscheinung kostet! (Mai 2016)

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DD266: Netzbildpflege – schlechte Erscheinung kostet!  (Mai 2016)

Unternehmen haben es erfahren müssen: Wenn sie keine vernünftige Homepage haben, können sie sich kaum noch sehen lassen. „Hey, wir sind eine Hydraulikfirma, wozu eine Webseite?“, wurde ich bis in die letzte Zeit hinein gefragt – aber dieselbe Firma jammert dann, dass sie keine guten Ingenieure einstellen kann. Schon verloren!

 

Wenn ein heutiges Unternehmen nicht ins Netz will, bleibt es eben in der Steinzeit und verkümmert dort. Das hat jetzt auch der Letzte begriffen, aber die meisten Leute beziehen diese Erkenntnis noch nicht auf Einzelmenschen wie Sie und ich.

 

Haben Sie schon einmal nachgerechnet, wie viel Kosten bei einer Bank anfallen, wenn Sie einen Kleinkredit über 5.000 Euro aufnehmen? Eine halbe Stunde Palaver in der Zweigstelle, Unterschriften, Schufa-Auskunft – vielleicht 100 Euro? Wie viel kann die Bank bei Niedrigzinsen da noch verdienen? Jetzt kommen die Fintechs im Internet und bieten Kredite per App an. Zwei Klicks. „Wie viel wollen Sie?“ – „5.000.“ – „Okay, 4,14 Prozent. Deal or no deal?“ – „Deal.“ – „Ist überwiesen.“

 

Das war’s, es kostet keine 100 Euro. Im Hintergrund aber checken Algorithmen im Netz, wer Sie sind, welchen Beruf Sie haben, welchen Google PageRank (kennen Sie den überhaupt?) Ihre Homepage hat, ob Sie Flüchtlinge mögen oder Kraftausdrücke benutzen – was weiß ich, was die Algorithmen alles so überdenken. Es gibt im Netz keine Zinstabelle mit Kundenaushang. Sie kommen eben Ihre individuellen 4,14 Prozent – und Leute mit tollen Xing-Einträgen und Activities bei LinkedIn möglicherweise  3,72 Prozent. Wahrscheinlich kostet es auf diese Weise schon eine Menge, wenn Ihr Twitter-Account ohne Bild eingerichtet ist und nur den Standard-Eierkopf zeigt.

 

Regen Sie sich bitte nicht auf! Die Banken haben eben früher höflich nach Ihrer Telefonnummer gefragt (das war in den 60er Jahren ein starkes Zeichen, wenn Sie eine hatten), es gab immer schon „Kunden-Scoring“, aber nun wird das Bewertungsbusiness ohne jede Mühe um exakte Daten aus Ihrem Netzbild heraus betrieben.

 

Wie reagieren wir darauf? Die Unternehmen überlegen immer stärker: „Wie wollen wir im Netz wahrgenommen werden?“ Und dann jubeln sie uns ein entsprechendes Netzbild unter, was nicht zu sehr mit der Wahrheit anecken darf. Wenn die Wahrheit nichts hergibt, kommen Plattitüden wie „Wir sind ein führender Anbieter von Qualitätsservices mit ausgesucht freundlichen Mitarbeitern auf 1 Euro Basis, damit Sie bei uns billig davonkommen“. Es ist eben wie bei Bewerbungen von Menschen. Wenn die nichts können, geben sie an, „sich in unglaublich kurzer Zeit in alles einarbeiten zu können, was immer man von ihnen verlangt“.

 

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Sie wahrgenommen werden wollen? In der Psychologie gibt es seit jeher die Unterscheidung von Selbstbild und Fremdbild. Wie sehen Sie sich selbst? „Ich bin immer sehr ehrlich, dazu stehe ich, auch wenn die Wahrheit andere manchmal schmerzt – Wahrheit ist ja immer auch konstruktiv!“ versus „Dieser Idiot beleidigt durch seine häufigen Ausraster hemmungslos Freund und Feind!“ Menschen mit starker Fremd-Selbstbilddifferenz laufen meist dem Leben ins Messer. Sie kennen eben ihr Fremdbild nicht gut und werden von anderen oft für sie sehr überraschend anders behandelt, als sie es selbst erwarten.

 

Nehmen Sie es hin: Nun haben Sie auch noch ein Netzbild dazu – und Sie werden von außen möglicherweise anders behandelt, als Sie es aus dem normalen Leben erwarten. Es beginnt mit höheren Kreditzinsen und schlechteren Versicherungsprämien. Jeder Personaler surft vor dem Gespräch mit Ihnen nach Ihrem Netzbild – wenn das schlecht ist, bekommen sie ohne Gespräch gleich eine Absage.

 

Sie haben als Kunde allen Grund, sich über die Transparenz der Preise und Qualitäten im Netz zu erfreuen, aber Sie sind nicht nur Kunde, sondern eben auch jemand, der wie die Händler im Netz etwas von anderen (den Kunden) will: Sie wollen eine Arbeitsstelle, einen Kredit, eine Versicherung oder eine Probefahrt mit einem Ferrari. Und dann werden Sie genauso behandelt wie Sie die Internetshops behandeln. Man surft nach Ihnen und schaut, was Sie wert sind.

 

Gute Erscheinung wird Pflicht!

 

Das geht schwer runter, oder? „Face it.“

 

Und denken Sie nicht, sie hätten die Option, gar nicht im Netz zu sein. Das dachten die Unternehmen ja zuerst auch. Wer nicht sichtbar ist, sagt ja damit etwas. Watzlawick würden sagen:

Man kann nicht nicht signalisieren.

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29 Antworten

  1. Wenn es denn überwiegend darauf ankommt, wie man in „Big Data“ recherchiert werden kann, wird der Anteil der Fiktion und Simulation, der Konstruktion und Fabrikation, der Inszenierung und bloß symbolischen Präsentation, negativ gesprochen der Fake, immer mehr an Bedeutung gewinnen.
    Die Vorteile holen sich diejenigen, die so tun als ob. Und in diesem „als ob Spiel“ ist die Unterscheidung zwischen unvermeidlicher, der Verifikation ausgesetzter Fiktion und der Welt des Scheins, der Lüge und der Show immer schwieriger.

    1. Es soll auch Algorithmen geben, die Fakes erkennen können. Einen Vorteil würde Schummeln dann nicht bieten. Vielleicht sind aber die rationalen Kriterien eines Algorithmus in der Personalauswahl langfristig viel erfolgreicher (weniger Fluktuation, zufriedene Kunden, einsatzfähige Teams usw.), als die eines Personalers.

        1. Berechtigter Einwand, aber pauschal nicht zutreffend. Gerade wenn es sich um komplexe, selbstlernende Algorithmen (siehe auch AlphaGo) handelt, ist das Problem eher, dass niemand mehr ursächlich nachvollziehen kann, welche Eingaben eigentlich zum Resultat des Algorithmus geführt haben. Zu große Datenmenge und endliche Ressourcen dürften für Faker ein zusätzliches, nicht unerhebliches Hindernis darstellen. Gibt es eigentlich Algorithmen aus dem bisherigen/neuen Scoring (Kreditwürdigkeit), die legal zum Kauf angeboten werden? Die sind doch eher Geschäftsgeheimnis, gell?

          1. Lt. Pressemitteilung Nr. 178 vom 19.08.09 des BMEL wird berichtet, dass bei den einbezogenen Auskunfteien Verbraucherdaten im Umfang von bis zu 45 Prozent fehlerhaft gespeichert werden und die erteilten Auskünfte sehr unbefriedigend sind.
            Ist zwar nicht sehr aktuell, aber wohl immer noch relevant (habe dazu eine konkrete eigene Erfahrung machen dürfen)

          2. Fehlerhafte und/oder veraltete Datenbasis ist natürlich ein Problem. Aber es ist ein Problem des Kreditnehmers. Der Kreditgeber leidet bei einem Kredit zu höheren Zinsen nicht wirklich, oder?

          3. Die Algorithmen selbst ja. Aber vergleichbar zu google rankings wird es dann den Beruf des „rating“ Optimierers geben. Heute kann man sich auch Hilfe einkaufen, um seine Webseite im google ranking zu verbessern. Dies ist einer der Wege sich den Algorithmus „zu kaufen“.

  2. Sorry, nein. Es ist ja leider nicht nur ein „Einschätzen“, dass von Personalern, Krankenkassen und Banken gemacht wird. Man wird gleichzeitig auch eine Ware, wenn man „kostenlos“ auf Facebook unterwegs wird, seine Homepage oder seinen Blog bei Google listen lässt und generell im Netz auffindbar ist. Wir haben keine Kontrolle über die Informationen, die gespeichert werden, und wissen nicht, wie sie gespeichert werden und wer sie ansehen darf. Und es gefällt mir irgendwie auch nicht, wenn Firmen anderen Firmen Listen abkaufen, in denen Informationen von mir stehen, von denen ich gar nicht wusste, dass sie auf diese Liste gelangt sind.

    Es sollte ohne Benachteiligungen möglich sein, dort nicht mitzumachen. Der Unterschied zu Firmen ist, dass hier keine Privatsphäre angegriffen wird. Damit meine ich eine Achtung vor den Informationen des Menschen – was ich damit machen darf und was nicht. Da Firmen keine fühlenden Entitäten sind, kann ich sie auf diese Art und Weise nicht „verletzen“.

    Ich weiß, dass dieser Zustand momentan nicht gegeben ist und auch schon lange vor Facebook nicht mehr gegeben war. Dennoch sollten wir versuchen, dort hin zu kommen, und es nicht einfach hinnehmen.

    War das zu übertrieben, oder wird klar, was ich meine? 🙂

    1. Es ist klar, aber Sie sagen eben „es sollte möglich sein…dort nicht mitzumachen“, so ist es nicht, die Fintechs geben Ihnen heute Zinsen nach dem Googeln. Ist kein Witz, sonder Realität. Sie müssen ja nicht mitmachen, es kostet eben.

      1. Die Fintechs geben mir Zinsen nach dem Googeln. Ja und? Solange es Unternehmen gibt, die die Grundwerte unserer demokratischen Gesellschaft achten (hierzu zählen Privatsphäre und ein gewisses Maß an Transparenz), ist das für mich kein Problem.
        Und mit dem Netzbild sollte man es wie mit dem Fremdbild halten und sich nicht zu sehr von der Meinung anderer gängeln lassen, das macht weder gesund noch glücklich.

        1. Hallo, Herr Friedrichs,

          man muss sich dieses „sich selbst aus der Gesellschaft herausnehmen“ aber auch leisten können.
          Um bei dem Beispiel der Bank zu bleiben: nicht in jedem kleinen Nest ist eine Privat-Bank vorhanden und manch junger Familien-Ernährer ist nun einmal zwingend auf das Wohlwollen der Bank angewiesen.
          Und wer heutzutage schon einmal einen Job gesucht hat, der weiss, wie schwer es ist auch einen zu finden!
          Wie Herr Dueck schon sagt: Mann/Frau muss sich dieser Einflussfaktoren zunächst erst einmal bewusst sein. Dann kann man sich entscheiden, ob man sich es leisten kann, die erwähnten Paramenter zu ignorieren.
          Die Fintechs ihrerseits werden Sie nicht ignorieren ;).

  3. Sehr geehrter Hr. Prof. Dueck,

    diesen Satz:
    „Es ist eben wie bei Bewerbungen von Menschen. Wenn die nichts können, geben sie an, „sich in unglaublich kurzer Zeit in alles einarbeiten zu können, was immer man von ihnen verlangt“.“ hätten Sie sich eigentlich sparen können bzw. empfinde ich als ehemaliger Senior Recruiter ziemlich arrogant.

    Ich mag Ihre Artikel in der Regel sehr, aber in diesem Kontext gehörte diese Äußerung eher nicht in den Beitrag, es sei denn Sie wollten darauf aufmerksam machen, dass ein irgendwie gearteter Algorithmus genau solche Vorurteile eben nicht einsetzen würde. 😉

    Ich habe gerade wegen eines früheren Zitats von Vinton G. Cerf im Internet gesucht (sinngemäß: Das Internet wird zum Dorf) und tatsächlich einen meiner Postings aus 2014 entdeckt (https://persoblogger.wordpress.com/2014/04/02/big-data-im-mobile-recruiting-angstgebilde-oder-jobchance/). Damals ging es um das Thema des mobilen Recruitings bzw. des Auslesens von Social Network Profilen für die Jobsuche bzw. Empfehlung passender Stellen.

    Prinzipiell zeigt sich mittlerweile, dass die einmal angestossene und positive gemeinte Vernetzung von Uni-Rechnerzentren, Militärzentren und heutzutage auch Autos, Kaffeemaschinen oder neudeutsch auch die super-tollen „Wearables“ eben auch eine sehr negative Seite haben können.

    Momentan versuche ich mich z.B. von Gmail zu lösen und möglichst nur mit einem deutschen Anbieter auszukommen. Tja, ist nur nicht ganz so komfortabel, weil man plötzlich erkennen muss, in wievielen Bereichen Google mittlerweile seine Hände drin hat. Der IT-Experte Mike Kuketz spricht hier gerne vom selbstgewollten „goldenen Käfig“ á la Apple & Google.

    Kurz gesagt, für mich ist es in der heutigen Zeit absolut plausibel, dass man weder die Vollvernetzung der Welt (Internet der Dinge) aufhalten kann, noch der Erfassung seiner digitalen Spuren entgehen kann. Die einzige Frage die sich ethisch oder philisophisch stellen mag ist, kann der Mensch (Politiker, Nachrichtenagent, etc.) mit dieser Fülle an Möglichkeiten vernünftig umgehen oder meint er immer noch, dass man durch Überwachung oder super-duper-toller Algorithmen den schlimmen Terroristen oder besten Bewerber maschinell erkennen kann?

    PS: Hoffentlich führt mein Beitrag zu einer besseren Bonität, wobei ich kürzlich erleben konnte, dass der direkteste Weg tatsächlich den besten Zins ergeben hatte. Der Online-Anbieter machte auf dicke Hose mit niedrigstem Zins, aber hinterher höchstem Angebot und der Fachhändler vor Ort mit Commerzbank als Dienstleister hatte den besten Zins. Verrückte Welt, nicht wahr?

    Mit sonnigen Grüßen aus Bayern,
    Marc Mertens

    1. Den Hinweis für Bewerber, die denken sich in alles einarbeiten zu können, empfinde ich nicht als arrogant. Ist eher konstruktiv gemeint und erfrischend ehrlich.

  4. Im mathematischen Modell der Chaostheorie liegen Wahnsinn und Genie am Start beliebig dicht beieinander, haben aber auf das Gravierenste voneinander Abweichende Folgen. Kein noch so guter, lernfähiger Algorithmus kann da zuverlässig unterscheiden. Wie sollte ein Algorithmus da auch können, wenn wir spätestens seit Schillers Jungfrau von Orleans wissen, dass selbst Götter vergeben mit der Dummheit kämpfen. Auch der intelligenteste Algorithmen hat da keine Chance, zuverlässig selektieren kann er bestenfalls das Mittelmaß. Doch von dieser Fähigkeit lebten schon vor Big Data unzählige Unternehmensberater. Die haben ja nichts anders getan, als Möchtegern-Unternehmern die Möglchkeit des Outsourcings der Verantwortung ins Nowhere zu ermöglichen. Bestenfalls wird dabei gleichzeitig das Risiko reduziert; die Chancen allerdings auch gleich mit.. Für den einzelnen betroffenen Erdenbürger mag das zunächst relativ gleichgültig sein; er muß sich heute im Internet vermarkten, ob er das will oder nicht. Kritisch ist die Entwicklung jedoch für die Gesellschaft als Ganzes. Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass eine Kutur des Mittelmaßes Bestand haben könnte. Allerdings, bis zum Untergang wird den Idioten, den Genies und dem Mittelmaß leider nicht erspart bleiben zu versuchen, ihren Netzauftritt den Anforderungen entsprechend zu optimieren. Und so ist es nicht unwahrscheinlich also, dass es bald auch dafür eine intelligente APP gibt. Im Übrigen mus man nicht jammern: Sclechter als der durchschnittliche Personaler oder Finanzberater sind die aktuellen Algorithmen auch nicht.

    1. (Mist, da habe ich zu früh die falsche Taste gedrückt. Die vielen Tippfehler sind gar nicht gut für mein Netzbild.)

        1. Zurücktreten möchte ich auch gar nicht, zur Grundaussage stehe ich weiterhin. Bei manchen anderen Portalen (z.B. Facebook) kann man jedoch, wenn man den bereits abgeschickten Text endlich als Ganzes sieht, noch einmal in den Bearbeitungsmodus wechseln und die auf dem Touchscreen mit dickem Finger fast unvermeidlichen, im kleinen Beabeitungsfeld nur allzuleicht übersehenen Tippfehler korrigieren. Ich gebe zu, das ist natürlich mal wieder nur eine dumme Ausrede. Mit der angemessenen Sorgfalt wäre es natürlich auch hier fehlerfrei gegangen. Es gilt nun mal: Keinen Algorhitmus und keine Turingmaschinen kann man für eventuelle Fehler zur Rechenschaft ziehen, sondern immer nur den fahrlässigen User. Asche auf mein Haupt!

  5. Der Beitrag suggeriert, als wäre es eben mal unvermeidlich seine Netzpräsenz pflegen zu müssen, um in der heutigen Zeit der maschinellen Big Data überhaupt noch mithalten zu können. Gemeinhin wird der narzisstische Zwang zur Selbstvermarktung dann als „Mitgehen mit dem modernen Zeitgeist“ vermarktet – alle tun es doch, so what?

    Das Ergebnis des sinnlosen, gequälten Selbst-Optimierens wird bei näherer Betrachtung der omnipräsenten XING-/LinkedIn Profile ersichtlich: man möchte meinen, die Welt bestünde nur noch aus strategisch-dynamischen Helden, alle mindestens auf Director-Level, mit wahnsinnig spannenden Aufgaben, noch mehr Achievements, und natürlich darf das wohlwollende Statement eines möglichst englischsprachigen Kollegen, mit dem man einst soooo erfolgreich zusammen gearbeitet hat und der einem mindestens „warm-hearted, very knowledgeable and was a really pleasure to working with“ bescheinigt, nicht fehlen. Und wer nicht mindestens 250+ Kontakte hat taugt sowieso schon mal nichts, denn ehrlich – das hat ja wohl einen Grund, wenn der nicht mal Kontakte im Netz horten kann, dann ist er in Wirklichkeit sicher ein furchtbar langweiliges Individuum, very suspect.

    Und die alles-verstehenden Algorithmen sind natürlich so clever und selbstlernend, dass sie selbstverständlich herausbekommen, was vom inszenierten, überbordenden Selbstbewusstsein echt oder unecht ist, was zu dick aufgetragen, weggelassen oder einfach erdichtet wurde. Und dann gibt es den SCORE – der ist es! Nur der kann wahr sein, denn der unfehlbare Algorithmus hat ihn doch ausgespuckt! Der MUSS stimmen. Jeder glaubt ihm, die Banken, die Versicherungen, die Manager und das Finanzamt sowieso. Und bitte – akzeptiert es! Gute Erscheinung wird Pflicht! Was? Fehlerhafte oder veraltete Datenbasis und deshalb kann Ihr SCORE gar nicht stimmen? Ihr Problem – hätten Sie doch mal Ihr Profil optimiert! Leider müssen wir Ihnen dennoch Ihr Darlehen und Ihr Konto kündigen. Ach so, dann bekommen Sie Zahlungsprobleme? Na, Sie haben doch sicher noch irgendwo ein paar Banknoten, oder? Obwohl – die jetzt noch einzulösen rate ich Ihnen nicht, denn DAS wirkt sich negativ auf Ihren Score aus. Sie müssen etwas zu verbergen haben, wenn sie in unserer optimierten Welt gar kein Bankkonto haben. Vermutlich sympathisieren Sie mit der Terrorszene oder sind mindestens einer von denen, diesen Rechtspopulisten.

    Willkommen in der Matrix. Zeit, seine Online-Aktivitäten zu überdenken!

    1. Ja, Joe, der Beitrag gefällt mir. Die Welt wird immer schräger (oder halt Facettenreicher bzgl. von Menschen geschaffener, künstlicher Organerweiterungen) und zunehmende Entfremdung gehört dazu (die Wachowski-Matrix (die Neo mit dem Kinobesucher bewusst mit der Handlung/Erzählung eines Märchens erlebt) war schon immer (im Sinne des menschlichen Verstandes und Selbstbetrugsmöglichkeiten) da und reale Systeme sind genauso oft und genauso selten (eben situativ) widersprüchlich/schädlich/unverständlich wie der menschliche Verstand und allein deswegen gibt es nicht nur eine Vernunft – von Gefühlen mal ganz zu schweigen). Das Internet, virtuelle Welten fügen aber am Ende „nur“ ein neues Tool hinzu – auf am Ende immer noch fast natürliche Weise – finden wir uns damit ab und machen das Beste daraus, oder eben nicht (dann mag der Recruiter das situativ eben schätzen, aber heute meist wohl schon eher als „schräg“ empfinden). Das neue Tool muss man keineswegs nutzen, selbst wenn es die meisten (in unserem Umfeld heute – in Nordafrika erst übermorgen) aktiv tun und mitgestalten!

      Als Kind merkt man gar nicht, wie abhängig man davon gemacht wird, vom System (Wirtschaft, Politik etc., heute erstmalig: das Smartphone und Internet), ohne gefragt zu werden, denn später mit Gewohnheiten brechen, dass ist das schwierigste für den einzelnen überhaupt, wenn doch immer noch gleichzeitig „alle“ anderen (etwa 80%) der sozialen Gruppe (Familie, Freunde, Nachbarn, Kommune, Staat, Welt), der Mainstream, die Algorithmen, etwas anderes macht, nämlich den Dingen Ihren Lauf lässt, oder alles gleich behandelt, aus Machtlosigkeit, Überforderung oder Faulheit oder weil eben alles gerade gut genug läuft, denn, es ist eben gerade mal so wie es eben ist – überschätzen wir nicht allzu oft unsere Einflussmöglichkeit und auch schon unser Beurteilungsvermögen an sich. Wer den Dingen auf den Grund geht droht nie zu Enden und nur noch daran Lust zu empfinden sich im Kreise zu drehen? Ja und nein.

      Wir nehmen doch alle (im Schnitt) seit Jahrzehnten hier in Deutschland und der gesamten westlichen Welt und Lustgesellschaft (NIXs gegen die Lust an sich ;-)) tendenziell immer häufiger lieber die Blue-Pill, wenn wir denn überhaupt die Wahl (grundlegende Beurteilung dazu) haben bzw. brauchen. Bzgl. des Systems Weltwirtschaft, Politik und Internet haben wir kaum eine (bereits zu komplex?), auch nicht was unsere Lebenszeit und Gesundheit angeht (je nach Alter, sehr konkret). Nur eine – für andere – sehr schräge Wahl (grundlegende Beurteilung) – je nach dem aus welcher Ecke man das gerade betrachtet! Durchsetzen – sich entscheiden – muss man sich halt vor allem dann öfter, wenn man andere führen möchte – heute nicht einfacher als früher!

      Wohin und warum? Menschenfreund oder -feind? Selbstzweck oder soziale, gemeinschaftliche Ziele?

      Willkommen in der Matrix, als Teil der menschlichen Natur, die wir nun mal ganz einfach unterscheiden können in Bewusstes und Unbewusstes, in uns selbst und in der materielle Welt und Information/Manipulation die uns ständig umgibt!

      All das (die Systeme) sind von vielen Menschen gemeinsam über lange Zeiträume erschaffen worden und das hat einen fast unschätzbaren gemeinschaftlichen Wert (hier und heute) und zeigt bedrohliche Fehler (dort und morgen), und deswegen: Es kann nicht so bleiben und nix ist sichererer als der Wandel über den wir hier auch (implizit) sinnieren, abgesehen von äusseren Einflüssen (Sternensysteme etc.), die menschliches tun nicht selten als Hybris und Blasphemie bloßtellen.

      Deswegen ist der Glaube und die Religion immer (noch) von großer Bedeutung (für den Einzelnen und die Menschheit), selbst wenn heute die großen Wirtschaftszweige, -Firmen und Lobbyisten meinen eine „bessere Religion“ gefunden zu haben und deren Macht versuchen auszubauen oder eben zu manifestieren. Ich würde das auch als Lobbyist machen, wenn das nun mal meine Existenz sichert und nicht mein Gewissen zu sehr quält, ja aber sicher, und das machen sie nicht anders, wetten!

      Philanthropen werden nur die, die sich das leisten können und allzu oft zuvor eine gewissen Zeit keine waren, um dass zu verdienen, was sie heute zu Philanthropen werden lassen kann! Ich habe nix dagegen. Lieber spät Philanthrop als nie.

      Trotzdem bleibt die Frage für uns alle und immer: Menschheit quo vadis? Es gibt schon die Möglichkeit Zukunft mitzugestalten, für jeden!

      Change by Design or Disaster (Peter A. Victor, http://www.pvictor.com/MWG/Home_MWG.html – Managing Growth: https://www.youtube.com/watch?v=pZI2RDNvd6M)?

      In welches (Familien- und Gesellschafts-) System sind sie denn (schicksalhaft) hinein geboren und können sie wahrhaft den Chinesisches Mittelstand im Allgemeinen verstehen? Und kämpfen sie nicht auch regelmäßig mit Ängsten von denen das System sie verspricht zu befreien (und das auch de facto hier tut und dort eben nicht, oder im Gegenteil andere, neue Ängste schürt: Ein Nullsummenspiel ist hier als Erfolg für alle anzusehen, so wie in der Liebe!). Warum dem also den Rücken kehren?

      Vielleicht einfach das Beste daraus machen (kooperieren wo möglich und Destruktives wenn immer es geht eben vermeiden!) und eben so analog wie möglich bleiben, vor allem bei der Beurteilung von Menschen, beim Recruiting. Keep the balance right. Ein auf Twitter – von den eigenen Kindern über das IPad geposteter – Weihnachtsmann Comic mit herunter gelassener Hose und „9831247&%%$%&=)“ Schriftsatz auf der Unterhose, sollte noch keine positive Bewertung des Recruiters ausschließen oder überhaupt eine Bedeutung haben. Das weiss der Recruiter meist, oder?

      Oh-Yeah! Die Menschheit (in der Summe oder im Schnitt) ist so etwas von extrem anderes (als der Einzelne) und mit Überbevölkerung so etwas von folgenreicher als der einzelne Mensch (Link zum Beitrag von Harry über die Natur und die Stärke von Diversität) und viel brutaler und subtiler und tierischer und natürlicher als wir das im Alltag meist bewusst erleben (wollen und können).

      „Hoffentlich schlägt die Atombombe (oder explodiert das Atomkraftwerk, folgt der nächste Terroranschlag) nur in anderen Erdteilen ein“ – ist dann der letzte „heilende“ Selbstbetrug (Verdrängung) in Bezug auf das Leben in einer angeblich heilen oder immer besser werdenden Welt?

      Der Film „The Matrix“ ist wohl für mich deswegen so ein Wachrüttler gewesen, weil er intuitiv und unmittelbar von mir heute/damals schon als wahr empfunden wurde, so wahr wie andere Geschichten über die menschliche Natur, die z.B., die die Gebrüder Grimm mit Max&Moritz-Geschichten erzählen…

      Recruiter sind auch nicht zu beneiden 😉
      Ich würde auch als Recruiter auch googlen!

      Ich hoffe ich war mal wieder nicht zuuu ausschweifend, so bin ich halt, manchmal gerne, sie auch! Wetten? (Es wäre sehr versöhnlich wenn sie ja sagen würden :-))

      Schlechte Erscheinung (im Netz), was ist das?
      Werbung auch in eigener Sache hat Wert, aber lügen sollte man dabei nicht… schwer genug, gell, schon hier den richtige Weg zu finden.

      Authentizität hierzu prüft man in einem persönlichen Gespräch und das erreichen die nicht, die im Netz mit ihrem Auftritt durchfallen, so ist das wohl.

      Freundliche Grüße
      Rainer

  6. Sie haben vollkommen recht, das Fremdbild wird (mit?) aus meinem elektronischen footprint gebildet.

    Was man bei Algorithen häufig unterschätzt, ist die Tatsache, daß die Diversität von Meinungen einen gesellschaftlichen Wert hat.

    Wenn die gleichen Fakten immer zum gleichen Urteil führen, steigen die Risiken. Denn dies „zwingt“ Menschen zu möglichst gleichartigen Leben, um nicht benachteiligt zu werden. Ändern sich dann die Umstände hat das System immer weniger „Reserven“ sich aus einem möglichst großen Meinungspool bedienen zu können.

    Die Natur hat sich für einen anderen Weg entschieden. Sie setzt auf möglichst große Diversität (Genpool), um der Art das Überleben der Art zu sichern.

  7. Gelungener Artikel.
    Und nein, ich kann es nicht vermeiden, mich im Internet zu präsentieren – ich bin selbständig und darauf angewiesen. Ich kann aber kontrollieren, was ich von mir preisgebe. Und so kann auch ein geschäftlicher Kontakt dann ganz stolz „Ich hab ja ihre private Webseite gefunden *augenzwinker*!“ sagen. Ja. Glückwunsch, sie können Google verwenden. Die Informationen dort sind zwar bezogen auf meinen privaten Bereich aber auch durchaus öffentlich.

    Ich wünsche mir, das die Algorithmen noch intelligenter werden! Derzeit erhalte ich nämlich immer wieder Anfragen von Recruitern, die nicht in der Lage sind, die Informationen im Netz zu interpretieren – oder überhaupt zu lesen. Ich suche gar keinen Job.

    1. Vielleicht kann ein entsprechend geschulter Mensch kontrollieren, was er im Internet so alles von sich preis gibt. So richtig glauben kann ich das allerdings nicht Für den Durchschitts-Internetsurfer gilt das mit Sicherheit ohnehin schon lange nicht mehr. Hinzu kommen die Dinge, die andere mehr oder weniger unbedarft über mich preisgeben. Da wird dann die Kontrolle über das einem Algorithmus zugängiges Netzbild von mir endgültig illusorisch. Welcher Algorithmus kann zuverlässig feststellen, ob die mir von einem Reporter der SZ in den Mund gelegten Worte tatsächlich so gesagt wurden? Und welchen Aufwand muss der Mensch treiben, um Fremdfehler im Netz zu korrigieren? Wer glaubt, effektiv sein Netzbild kontrollieren zu können, hat m.E. schlichtweg nicht verstanden, wie Big Data funktioniert. Egal wieviel Netzbildpflege wir betreiben, im Netz tragen wir alle des Kaisers neue Kleider (siehe Hans Christian Andersen). Das gilt selbst für diejenigen unter uns, die gar nicht im Netz vertreten sind. Aber wahrscheinlich muss man schon ein ausgemachter Narr sein, um das überhaupt zu merken.

  8. es gibt den wunderbaren (Science-Fiction ?)Roman The Circle der genau diesen Ansatz weiterdenkt und aufzeigt, wie es werden könnte. Mit allem Wohl und Wehe….

  9. Das Internet erweitert die Sozialkontrolle des Dorfes durch die Algorithmenkontrolle im Netz. Nur kannte die Sozialkontrolle noch eher Grenzen und wird bis zu einem gewissen Grad durch sich selbst kontrolliert, ein die Privatsphäre verletzendes „Interesse“ wird von der Gemeinschaft nicht akzeptiert.
    Wie ziehen wir als Gesellschaft die Grenzen des Akzeptierten bei Algorithmen? Wollen wir als Gesellschaft dies einfach nur den Unternehmen überlassen? Brauchen wir Algorithmen welche die Algorithmen kontrollieren? Ich meine wir brauchen einen gesellschaftlichen Diskurs darüber, was akzeptierbar ist und auch wie das gewollte durchgesetzt werden kann, oder wie ich als Individuum bestimmen kann wem ich wie viel preisgeben will.

  10. Letztlich läuft es aber darauf hinaus, dass aus Korrelationen kausale Zusammenhänge zu bastelt. Ordentliches Profilbild => ordentlicher Mensch, etc. Und wenn man mehr solcher Korrelationen zusammen bastelt, kommt bestimmt kein schärferes Gesamtbild dabei heraus.

    Zumal sich potentielle Bewerber natürlich auch verstellen. Sie sind unter dem richtigen Namen ganz aufgeweckte Menschen, die der Zukunft zugewandt sind. Unter eine Pseudonym wird dann die AfD angehimmelt, gegen Muslime, Euro und Pleitegriechen gehetzt. Wo soll denn am Ende die Erkenntnis sein?

    Letztens las ich über ein Kreditinstitut, welches eine Spy-App auf das Smart-Phone es Kreditnehmers installieren möchte. Wird der dann nicht ein Zweitgerät kaufen, für die unseriösen Kontakte und Aktivitäten?

    Wenn es um den Job geht: Letztlich frage ich mich, ob ich bei einer Firma arbeiten möchte, die einen solche oberflächliche Betrachtung für hilfreich erachtet. Wenn sie bei der Bewerberauswahl schon solche Woodo-Methoden einsetzt, wie wird dann die Arbeit in einer solchen Firma sein?

    Vielleicht wäre es sinnvoller Firmen davor zu warnen, dass diese Analysen ins Nirvana führen können, da ein solches Datenprofil halt immer ein Zerrbild einer Person ist.

  11. Herr Quetting, Sie schreiben über sich im Netz: „Meine Leidenschaft, Hintergründe zu verstehen, nahm keine Rücksicht auf Karrierechancen. Deshalb hatte ich keine Eile, mein Studium abzuschliessen.“

    Ein sehr mutiger Satz im Sinne der Netzbildpflege! So mutig zu sein wäre undenkbar für viele Nachwuchskräfte heute!

    PS: Was sagt das über unsere heutige Zeit aus? Zensur-Schere im Kopf unserer Studenten und Absolventen?

    PS2: Gute Führungskräfte sind dennoch bereit, immer wieder solche Menschen einzustellen. Ein mutiger Bewerber für unseren Medienkonzern mit einer ähnlich mutigen Aussage à la Quetting ergänzte einfach:

    „Causas rerum cognoscere – das ist doch der Untertitel einer Ihrer Zeitungen.“

    Damit hatte er das Management auf seiner Seite.

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